Besser informierte Konsumentinnen und Konsumenten
© Swiss Retail Federation
Die Branche muss sich immer wieder neu erfinden, um mit der Konkurrenz mithalten zu können. Dagmar Jenni, Direktorin der Swiss Retail Federation, erläutert die Situation.
Wo steht die Branche Handel und Verkauf?
Der Detailhandel durchläuft seit einigen Jahren tiefgreifende Veränderungen im Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Entwicklung und der Digitalisierung, weshalb wir sehr wachsam bleiben müssen, damit die Lage stabil bleibt.
Vor allem beobachten wir eine Diversifizierung der Vertriebskanäle. Die Kundinnen und Kunden kommen auf unterschiedliche Weise mit dem Produkt in Kontakt: im Verkaufsgeschäft, aber auch im Internet und in sozialen Netzwerken, an der Abholstation oder im Auto bei einer Drive-In-Bestellung.
«Die digitale Präsenz ist eine hervorragende Visitenkarte, vorausgesetzt, der Service dahinter stimmt.»
Vor welchen Herausforderungen steht die Branche?
Die Entwicklungen stellen die Gewohnheiten langjähriger Berufsleute der Branche auf den Kopf. Heute können neue Werkzeuge wie zum Beispiel ein Chatbot der Beratung von Kundinnen und Kunden dienen.
Für Marken ist die Versuchung gross, über eine Internetplattform zu verkaufen, aber am Schluss muss die Rechnung aufgehen. Um die Risiken und Chancen abzuschätzen, sind starke analytische und strategische Kenntnisse erforderlich. Wenn man einmal online ist, muss man zum Beispiel die Verfügbarkeit der Produkte garantieren. Die digitale Präsenz ist eine hervorragende Visitenkarte, vorausgesetzt, der Service dahinter stimmt.
Die Grösse der Ladenflächen gehen tendenziell zurück. Es ist wichtig, ein optimales Sortiment zusammenzustellen, das der Zielgruppe entspricht und die neuesten Markttrends berücksichtigt. Die Wünsche und Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden variieren von Land zu Land und von Region zu Region.
Welche Fähigkeiten sind auf dem Arbeitsmarkt besonders gefragt?
- Die Zeit, die man mit Einkaufen verbringt, macht der Freizeit Konkurrenz. Sie muss deshalb so angenehm wie möglich gestaltet werden. Wir wollen Ladenräume mit einer freundlichen Atmosphäre gestalten, die Kundinnen und Kunden binden und beispielsweise Events wie Modeschauen oder Kurse organisieren. Dafür braucht man kreative Menschen, die vernetzt denken und sich immer wieder neue und einzigartige Angebote ausdenken können.
- Das Aufkommen digitaler Verkaufsplattformen wie Amazon oder Galaxus definieren die Beziehung zwischen Kundschaft und Produkten neu. Die Konsumentinnen und Konsumenten informieren sich, vergleichen und werden so zu Expertinnen und Experten für die Produkte, die sie suchen. Es werden gut informierte Berufsleute benötigt, die sehr kompetent beraten können. Sie müssen mit Empathie auf die Kundschaft zugehen und ihre wirklichen Bedürfnisse erfragen.
- Onlineplattformen analysieren das Kaufverhalten. In den Marketing- und Verkaufsabteilungen von Detailhandelsunternehmen werden Spezialistinnen und Spezialisten für Datenverarbeitung und Kaufverhalten gesucht.
Wo entstehen die Arbeitsplätze der Zukunft?
Es ist schwierig, Prognosen zu stellen, aber Produkte zur Gesundheitsfürsorge und damit zusammenhängende Dienstleistungen werden sicherlich zunehmen. Auch im "Non-Food"-Bereich, also für Waren, die nicht zum Lebensmittel-Sortiment gehören, wird ein Niedrigpreissortiment entstehen.
Weitere Trends, die sich abzeichnen, bieten Geschäftsmöglichkeiten für anpassungsbereite Berufsleute:
- Bei den Dienstleistungen: Die Vermietung von Produkten und das Angebote von Komplettlösungen für Kundinnen und Kunden.
- In der Sortimentsgestaltung: Die Personalisierung von Produkten und Re-Commerce, d.h. das Angebot von gebrauchten und wiederaufbereiteten Produkten.
- Im Verkaufsgeschäft: Ein verbessertes Kundenerlebnis, keine Kassen und Zugang zum gesamten Onlineangebot über Tablets oder andere digitale Hilfsmittel.