Nur ein Ziel: Schreiben
J. L. studiert Literarisches Schreiben an der Berner Fachhochschule (BFH).
Wie sieht der Studienalltag am Literaturinstitut aus?
Im ersten Jahr hatten wir die meisten Seminare, zum Beispiel ein umfangreiches wöchentliches Schreibatelier und ein literaturtheoretisches Grundlagenseminar. Im Schreibatelier verfassen alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen zu bestimmten Vorgaben Texte, die dann in der Runde diskutiert und kritisiert werden. Es gibt Ateliers zu allen möglichen Themen und Genres. Da man sonst meistens an grösseren Projekten arbeitet, sind die Schreibateliers eine gute Abwechslung, um kurze Texte zu schreiben und Ideen auszuprobieren.
Die Pflichtseminare nehmen im Laufe des Studiums immer mehr ab, weil sehr viel Zeit für das individuelle Schreiben eingeplant wird. Ich kann also einen grossen Teil meines Studieninhalts selbst bestimmen. Im Mentorat, dem Herzstück des Studiums, arbeitet man eng mit einer Schriftstellerin oder einem Schriftsteller zusammen, trifft sich regelmässig, bespricht Schreibprojekte und -prozesse und arbeitet gemeinsam mit und an den Texten.
Ich arbeite für mein Studium meistens von zu Hause aus. Fürs Schreiben brauche ich viel Zeit alleine, viel Isolation. Die Seminare und vor allem das Mentorat ergänzen die Arbeit zuhause. Aber das Wichtigste am Studium, das Schreiben, passiert ausserhalb des institutionellen Rahmens, sozusagen zwischen mir und dem Papier oder Laptop.
Was gefällt Ihnen an diesem Studium besonders gut, was weniger?
Die enge persönliche Zusammenarbeit mit professionellen Autorinnen oder Autoren im Mentorat bringt mir sehr viel. Das Schreiben ist ein sehr einsamer Vorgang und deshalb ist mir der Austausch über die Texte und den Schreibprozess mit anderen sehr wichtig. Es ist schön, durch das Mentorat immer eine Ansprechperson zu haben, für inhaltliche und sprachliche Fragen, aber auch zur seelischen Unterstützung bei Schreibkrisen. Dasselbe gilt auch für die Schreibateliers, in denen man mit seinen Mitstudierenden Texte bespricht. Da bekomme ich oft ganz neue Ideen für die eigenen Texte.
Manchmal können die vielen Feedbacks einen aber auch überfordern. Vor allem wenn sich die kritisierenden Personen nicht einig sind oder man gar nichts Positives hört. Es ist hart, sich schon so früh im Schreibprozess mit einer Art Öffentlichkeit auseinandersetzen zu müssen. Aber es bringt einen auch weiter. Gerade die Verunsicherung durch negative Kritik habe ich im Rückblick oft als recht produktiv empfunden. Ich habe dabei gelernt, zu meinen Texten zu stehen und mir klarer zu werden, was ich erzählen will. Durch die vielen Feedback-Runden habe ich einerseits gelernt, Kritik anzunehmen, aber auch mich von Kritik freizumachen und zu sagen, das ist nur eine subjektive Meinung.
Was machen Sie neben dem Studium?
Ich arbeite nebenher in einem Nebenjob, um mein Studium zu finanzieren. Das Studium selbst ist vor allem nach dem ersten Jahr zeitlich sehr flexibel, weil ich mir die Schreibzeit grösstenteils selbst einteilen kann. Das heisst, dass mir nichts im Wege steht, um nebenher zu jobben, auszugehen, Sport zu machen etc.
Welche Ratschläge würden Sie zukünftigen Studierenden für die Gestaltung des Studiums geben?
Nutze die Flexibilität des Studiums und leg dich nicht zu schnell fest, was und wie du schreiben willst. Sei offen für neue Impulse. Um einen Roman zu schreiben, den man sowieso schon im Kopf hat, muss man nicht unbedingt am Literaturinstitut studieren. Ich habe am meisten von meinen Ab- und Umwegen profitiert.