Zum Titel springen

Ergotherapie: Studium selbst erlebt

Einblick in den Hochschul-Alltag

Von Handtherapie bis Neurologie

N. S. studiert Ergotherapie im 6. Semester Bachelor an der Zürcher Hochschule für Ange-wandte Wissenschaften ZHAW.

Klassische Studienwoche

Eine klassische Studienwoche läuft in etwa wie folgt ab: Am Montag stehen Seminare zu therapeutischen Methoden und professionellem Handeln auf dem Programm. Am Dienstag werden praktische Fähigkeiten vermittelt und vertieft. Der Mittwoch ist für interprofessionelle Module mit anderen Gesundheitsstudierenden wie Hebammen, Physios oder Pflegenden reserviert. Der Rest der Woche ist eine Mischung aus Vorlesungen, Arbeitsaufträgen und Seminaren. Abgesehen von Wahlpflichtfächern besteht wenig Möglichkeit, einen Einfluss auf den Stundenplan zu nehmen.

Mehrere Praktika

Nach eineinhalb Jahren Theoriestudium beginnt die Zeit der Praktika, welche insgesamt 35 Wochen einnehmen. Deren Pensum beträgt 90 Prozent. Den "freien" halben Tag nutzte ich meist für das Selbststudium oder parallel laufende Wahlpflichtfächer. Wir Studierenden waren insgesamt dreimal für je 2-3 Monate über die ganze Schweiz verteilt. Meine Praktika habe ich als sehr intensiv erlebt. Es war eine erschöpfende und zugleich bereichernde Zeit, in der ich mich langsam zum Ergotherapeuten entwickeln konnte.

Mögliche Spezialiserungen

Die Fachbereiche, in deren Richtung man sich spezialisieren kann, gehen von Pädiatrie bis zu Geriatrie und Psychiatrie, von Neurologie über Handtherapie bis zu Rehabilitation und Prävention. Die Art und Weise, wie man eine Therapieeinheit gestaltet, kann je nach Klient/in variieren, genauso wie der Therapieinhalt. Gefragt sind folglich eine Menge Kreativität und Flexibilität – und nicht zu viel Perfektionismus.

Tipps für Studieninteressierte

Überhaupt ist dieser Beruf gar nicht so einfach zu erklären, wenn man ihn nicht selber erlebt hat. Deshalb rate ich allen Studieninteressierten: Geht an verschiedenen Orten hospitieren, schaut in einem Spital vorbei, in einer Praxis und einer Rehabilitationsklinik. Seid euch bewusst, dass es verschiedenste Fachbereiche gibt, und falls Handtherapie eventuell nicht euer Ding ist, dann vielleicht die Neurologie? Anfänglich hat mich dieses Vage an der Ergotherapie abgeschreckt, heute sehe ich die damit verbundene Offenheit als eine der schönsten Eigenschaften dieses Berufs.

Empathie ist gefragt

F. L. studiert Ergotherapie im 5. Semester Bachelor an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW.

Kompetenzen für Studium und Beruf

Für das Studium ist es wichtig, dass man sich gut selber organisieren, strukturieren und diszipliniert arbeiten kann. Während den Praktika wird die eigene Beobachtungsgabe auf die Probe gestellt, und bei den zahlreichen Gruppenarbeiten und Projekten werden Kompromissbereitschaft und Teamfähigkeit gefordert. Insbesondere in den Praktika, in denen Theorie und Praxis verschmelzen, hatte ich viele Aha-Erlebnisse und einen grossen Erkenntnisgewinn. Es ist wichtig, dass man gerne mit verschiedenen Menschen arbeitet. Es sind gute Kommunikationsfähigkeiten, eine hohe Sozialkompetenz sowie ein gesunder Anteil an Empathie gefragt.

Abwechslungsreiches Studium

Wir haben wöchentlich einen anderen Stundenplan. Pflichtveranstaltungen sind selten. Ich besuche jedoch fast alle Unterrichtseinheiten, da es mir hilft, den Stoff zu verstehen. Zudem hat man die Möglichkeit, den Dozierenden direkt Fragen zu stellen und von ihren Berichten aus ihrer eigenen Berufspraxis zu profitieren. Der Anteil an Selbststudium ist nicht zu unterschätzen. Es gibt viele Lernmaterialien online, welche man neben dem normalen Unterricht bearbeiten muss. Teile des Studiums finden zusammen mit den Studierenden der Pflege und Physiotherapie sowie den angehenden Hebammen statt. Neben dem Studium arbeite ich weiterhin im Stundenlohn als Medizinische Praxisassistentin.

Studi-Leben

In meinem Studiengang sind wir 78 Studierende verteilt auf drei Klassen, alles Frauen im Alter von zwanzig bis dreissig Jahren. Innerhalb der Klasse besteht ein enger Zusammenhalt, verstärkt durch die vielen Gruppenarbeiten. Der Austausch mit den Dozierenden ist sehr offen. Wir können sie jederzeit auf dem Korridor ansprechen und sie helfen uns gerne mit ihren Erfahrungen oder Tipps weiter. Das Studentenleben wird in Winterthur allgemein gross geschrieben. Aufgrund der vielen Ausbildungsinstitutionen gibt es hier einige Orte, an denen man sich nach dem Unterricht noch trifft.

Bisheriges Highlight

Die Projektwerkstatt: In einer kleinen Gruppe von Studierenden erarbeitet man in Absprache mit den Dozierenden eine eigene Idee und setzt diese in der Praxis um. Mit meinen Kolleginnen zusammen habe ich in einer psychiatrischen Klinik auf der forensischen Abteilung mit vier Patienten ein grosses Wandmandala gestaltet. Geschicktes Planen, Organisieren und Anpassen machten es möglich, auch in dieser besonderen Umgebung kreativ zu arbeiten. Die Gruppe war am Ende sehr stolz auf sich selbst und ihre Leistung.



berufsberatung.ch