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Laufbahnbeispiele: Musikwissenschaft

Hochschulabsolventinnen und -absolventen berichten aus ihrem Berufsalltag. Was sind ihre aktuellen Aufgaben? Welche Tipps geben sie für den Berufseinstieg?

Intendant eines klassischen Musikfestivals

Jonathan Inniger hat zwei Musik-Bachelorabschlüsse und verantwortet als Intendant das Festival Musikdorf Ernen.

"Mir scheint es wichtig, die eigenen Interessen mit Hartnäckigkeit und Offenheit zu verfolgen."

Jonathan Inniger
© Jonathan Inniger
Jonathan Inniger

© Jonathan Inniger

Laufbahn

Alter/JahrTätigkeit/Ausbildung
19Gymnasiale Matur, Schwerpunktfach Musik: Gymnasium Neufeld Bern
20Gründung des orchestra arte frizzante, kollaborative Geschäftsführung und Projektleitung des Kammerorchesters
23Bachelor in Musik, Vertiefung Klassik, Hauptfach Kontrabass: Hochschule der Künste Bern, Berner Fachhochschule BFH
24Unterricht als Tutor für insgesamt 12 Kurse in Musikwissenschaft und Philosophie: Universität Bern
25Praktikum, später Teilzeitstelle als Allrounder: Festival Musikdorf Ernen VS
25Freier Projektmitarbeiter für Jubiläumspublikation, Archivdigitalisierung: Géza Anda Stiftung; Konzertkritiken: Der Bund; Konzerteinführungen: Berner Symphonieorchester; Programmhefttexte für diverse Orchester
28Bachelor in Musikwissenschaft und Philosophie: Universität Bern
29Co-Intendant: Festival Musikdorf Ernen VS

Wie sieht Ihre aktuelle Tätigkeit aus?

Ich arbeite als Co-Intendant des Festivals Musikdorf Ernen. Wir führen jedes Jahr von Juni bis Oktober 50 Veranstaltungen, vor allem klassische Konzerte, mit renommierten Musikerinnen durch. Das Festival hat nur zwei Festangestellte: beide Co-Intendanten.

Als Allrounder sind wir für alles zuständig: Wir planen die Konzertsaison strukturell, finanziell, logistisch und künstlerisch und verantworten Fundraising, Marketing und Kommunikation, Redaktion aller Drucksachen sowie Web- und Social Media Auftritte.

«Als Allrounder bin ich für alles zuständig.»

Ausserdem kümmern wir uns um die Konzertdramaturgie und Musikvermittlung, die Partnerschaften mit anderen Institutionen, den Kartenverkauf, die Verträge, die Buchhaltung sowie die Betreuung der bis zu 100 Künstler und der Besuchenden während des Festivals.

Wie verlief Ihr Berufseinstieg?

Ich wurde angefragt, 2019 als Praktikant während 10 Wochen als Allrounder am – mir bisher unbekannten – Festival zu arbeiten. Meine Aufgaben umfassten Logistik, Kartenverkauf, Künstlerinnen- und Publikumsbetreuung, Stage-Management, Redaktion und Content Management sowie Administratives.

Aufgrund meiner passenden Qualifikationen als Musiker, Musikwissenschaftler und Kulturmanager übernahm ich in den Folgejahren zunehmend weitere Arbeiten in der Dramaturgie und Vermittlung, Redaktion, künstlerischen Planung und im Fundraising.

Daraus ist eine Vollzeitanstellung geworden. Nach 2 Jahren Co-Intendanz werde ich die Festivalleitung, die sogenannte Intendanz, allein übernehmen.

Welche Tipps geben Sie Studierenden?

Verfolgt eure Interessen mit einer gewissen Hartnäckigkeit: Geht in euren Recherchen dort in die Tiefe, wo euch etwas wirklich interessiert. Gleichzeitig solltet ihr aber nie die Offenheit und Neugierde verlieren, euch auf bisher Unbekanntes oder Unerforschtes einzulassen – eure Komfortzone des bereits Bekannten zu verlassen, Neues zu Entdecken und dies auch in die Diskussion und den Betrieb einzubringen.

Versucht so früh wie möglich, durch Praktika oder Teilzeitstellen in verschiedene Tätigkeitsfelder des Kultur- und Wissenschaftsbetriebs hineinzuschauen, Erfahrungen zu sammeln, Kontakte zu knüpfen und dadurch ein breites Verständnis der vielfältigen Berufskontexte zu entwickeln.

Redaktorin

Regina Senften hat während und nach dem Studium in Musikwissenschaften viel über Musik geschrieben und war in diversen kulturellen Organisationen engagiert. Heute arbeitet sie als festangestellte Redaktorin.

"Was jahrelang ein Nebenjob war, wurde nun zu meiner hauptberuflichen Tätigkeit."

Regina Senften
© Regina Senften

Laufbahn

Tätigkeit/Ausbildung
Studium der Musikwissenschaft, Betriebswirtschaftslehre und Immaterialgüterrecht
Studienbegleitend: Assistentin am Musikwissenschaftlichen Institut; freie Mitarbeiterin im Kulturressort diverser Schweizer Zeitungen und Fachpublikationen
Einjähriges Praktikum bei klassik.com und beim Deutschen Tanzarchiv, beide in Köln
Dissertation über die Geschichte und Wirksamkeit des Schweizer Musikrats
Vorstandsmitglied im Schweizer Musikrat und im European Music Council
Geschäftsführerin des Vereins «Jugend+Musik», Administratorin des Schweizer Musikinformationszentrums,
Nebenberufliche Ausbildung zur Schwimmtrainerin Jugend+Sport und zur Leiterin Jugend+Musik
Autorin für die Programmtexte der Tonhalle-Gesellschaft Zürich; freie Fagottistin
Festangestellte Redaktorin bei der AZ Medien Gruppe AG in Aarau, heute CH Media AG

Wie sieht Ihre aktuelle Tätigkeit aus?

Seit vielen Jahren arbeite ich als festangestellte Redaktorin bei der AZ Medien Gruppe in Aarau, die sich seit der Fusion mit der NZZ nun CH Media AG nennt. Anstatt wie früher über Musik, Ballett und Oper schreibe ich heute über Ausdauersporten wie Schwimmen, Triathlon, Marathon oder Gigathlon.

«Was jahrelang ein Nebenjob war, wurde nun zu meiner hauptberuflichen Tätigkeit.»

Ich war viele Jahre lang als Wettkampfschwimmerin tätig und habe mich über die Jahre bei Jugend+Sport, Swiss Swimming und dem deutschen Olympischen Sportbund zur Schwimmtrainerin ausgebildet. Neben meiner Arbeit als Journalistin und Redaktorin bin ich beim Akademischen Sportverband Zürich als Schwimmtrainerin angestellt und arbeite in der Freizeit als «Leiterin Jugend+Musik» für Alphorn.

Wie verlief der Berufseinstieg?

Ich habe bereits während des Gymnasiums und später auch während des Studiums als freie Autorin für diverse Zeitungen geschrieben, damals über Musik, Oper und Ballett. Nach der Lizentiatsarbeit arbeitete ich auf der Geschäftsstelle des Schweizer Musikrats wie auch als Administratorin des Schweizer Musikinformationszentrums und als Geschäftsführerin von Jugend+Musik. Alle drei Tätigkeiten waren im Haus der Musik in Aarau angesiedelt. Während meiner Dissertation über die Geschichte und Wirksamkeit des Schweizer Musikrats wurde mir klar, dass ich mein Leben nicht als Musikwissenschaftlerin würde bestreiten wollen. Attraktive Jobs waren rar oder erforderten eine akkurate Mischung an Vitamin B und Ellbogen-Qualitäten. Beides lag mir nicht. So setze ich auf den Journalismus. Was jahrelang ein Nebenjob war, wurde nun zu meiner hauptberuflichen Tätigkeit.

Welche Tipps geben Sie Studierenden?

Wer Musikwissenschaften studiert, tut gut daran, sich bereits während des Studiums fachliche Arbeit zu suchen, die den eigenen Neigungen und Nebenfächern entspricht. Auch wenn diese Praktika, Nebenjobs oder temporären Arbeiten zu Beginn nur gering bezahlt sein mögen: Sie stellen eine wertvolle Investition in die Zukunft dar, liefern sie doch Arbeitserfahrungen, Beziehungen und Referenzen.



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