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Laufbahnbeispiele: Erdwissenschaften

Hochschulabsolventinnen und -absolventen berichten aus ihrem Berufsalltag. Was sind ihre aktuellen Aufgaben? Welche Tipps geben sie für den Berufseinstieg?

Hydrogeologe in einem Büro für Ingenieurgeologie

Thierry Bussard ist Doktor der Hydrogeologie. Er setzt sein Fachwissen im Rahmen von Projekten zur Überwachung, Stärkung oder zum Bau grosser Infrastrukturen ein. Er ist in der Schweiz und im Ausland tätig, insbesondere im Rahmen von humanitären Hilfs- und Entwicklungsmissionen.

«Ich bewerte die Sicherheit von Dämmen.»

Thierry Bussard berät eine Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Tadschikistan
© Norbert SA
Laufbahn
Alter/JahrTätigkeit/Ausbildung
24Master in Geologie: Université de Lausanne
25Internationales Postgraduiertenstudium in Ingenieur- und Umweltgeologie: Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne EPFL, École des Mines de Paris, Université de Liège, École Polytechnique de Montréal
26Geologe, Hydrogeologe: Norbert SA, Lausanne (VD)
30Doktorat in quantitativer Hydrogeologie und Umwelt: EPFL
33Postdoc in Karsthydrogeologie: Southwest University of China
36Dozent für Geologie: Studiengang Bauingenieurwesen, HES-SO Freiburg
38Nebentätigkeit: Expertenaufträge für verschiedene Organisationen wie Schweizerisches Korps für humanitäre Hilfe, Vereinte Nationen, IKRK
39Experte N3 (Geologe) für die Sicherheit von Staudämmen: Norbert SA, Lausanne (VD) und Martigny (VS)
48Mandat als hydrogeologischer Experte: Nationale Plattform für den Grundwasserschutz, Universität Neuenburg
Wie sieht Ihre aktuelle Tätigkeit aus?

Ich leite Projekte in verschiedenen Bereichen der Hydrogeologie, zum Beispiel in der Suche nach Grundwasservorkommen oder zu integriertem und nachhaltigem Wassermanagement. Bei jedem Projekt berücksichtige ich die gesamte betroffene Umgebung.

Für den geeigneten Standort eines Brunnens muss ich wissen, woher das Wasser kommt, ob die Ressource bereits genutzt oder sogar übernutzt wird und ob ihre Qualität zufriedenstellend ist.

«Im Ausland bin ich manchmal auch im Rahmen von humanitären Missionen tätig.»

Ebenfalls bewerte ich die Sicherheit von Staudämmen. Neben Beobachtungen vor Ort überprüfe ich die Daten, die von einem Monitoringsystem erstellt wurden. Ich leite auch Studien zur Erweiterung, Verstärkung oder zum Bau von Staudämmen. Dabei bewerte ich die Fundamente der Bauwerke und arbeite mit den Bauingenieurinnen und -ingenieuren zusammen, die die Staumauer entwerfen.

Im Ausland bin ich manchmal in humanitären Einsätzen tätig. Schliesslich leite ich Projekte im Zusammenhang mit Risiken und Naturgefahren: Felsstürze aufgrund des schmelzenden Permafrostbodens sind beispielsweise ein Risiko, das es in einer sich verändernden Umwelt zu erkennen und zu analysieren gilt, um Verkehrswege oder Stauanlagen zu sichern.

Wie verlief Ihr Berufseinstieg?

Mein derzeitiger Arbeitgeber kontaktierte mich während meiner Doktorarbeit. Ich vereinbarte mit ihm eine Teilzeitstelle, um meine Forschung und die ersten Projekte vor Ort parallel zu betreiben.

Heute ermöglichen mir meine Engagements an Hochschulen und Universitäten, mit der akademischen Welt in Kontakt zu bleiben. Zwischen meiner Arbeit im Geologiebüro, meinen Mandantinnen in der humanitären Hilfe und der Lehre ergeben sich sehr interessante Synergien.

Welche Tipps geben Sie Studierenden?

Ich empfehle, Studiengänge zu wählen, die auf praktische Geologie ausgerichtet sind, wie zum Beispiel Geotechnik oder Hydrogeologie. Diese Fachleute sind auf dem Arbeitsmarkt gefragt. Die technischen Errungenschaften ermöglichen es, direkt auf die Nachfrage der Kundschaft zu reagieren.

Nach einem rein akademischen Studium müssen interne Schulungen in Unternehmen absolviert werden. Die Nachdiplomstudiengänge meines Studiengangs gibt es leider nicht mehr. In der Schweiz ist die ETH Zürich heute die einzige Institution, die in Ingenieurgeologie ausbildet.

Wenn Sie sich jedoch für einen weniger gefragten Studiengang begeistern und beispielsweise Vulkanologe werden möchten, dann sollten Sie nicht zögern und Ihren Traum verwirklichen!

Projektleiterin und wissenschaftliche Mitarbeiterin

Gisela Weibel arbeitet als Projektleiterin für mineralische Rohstoffe und als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Abfall und nachhaltige Ressourcennutzung. Sie forscht zur Nutzung und Verwertung von Abfällen und wirkt bei Lehrveranstaltungen der Universität Bern mit.

«Ich habe einen sehr vielfältigen Alltag zwischen Labor und Industriebetrieb.»

Gisela Weibel, © KVA Linth
Gisela Weibel, © KVA Linth
Gisela Weibel, © KVA Linth

Gisela Weibel, © KVA Linth

Laufbahn
JahrTätigkeit/Ausbildung
2002Lehre als Chemielaborantin mit Berufsmaturität
2007Maturitätsschule für Erwachsene Bern (Passerelle)
2008Geologiestudium an der Universität Bern mit Schwerpunkt Umwelt- und Rohstoffgeochemie
2013Doktorat in Geologie, Universität Bern
2017Projektleiterin mineralische Rohstoffe, Stiftung ZAR, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Fachstelle für Sekundärrohstoffe, Institut für Geologie, Universität Bern
Wie sieht Ihre aktuelle Tätigkeit aus?

Als Wissenschaftlerin im Bereich Abfall und nachhaltige Ressourcennutzung habe ich einen sehr vielfältigen Alltag zwischen Labor und Industriebetrieb. Ziel der Forschung ist die Entwicklung optimaler Nutzungs- und Verwertungswege von Abfällen. Nach der Verbrennung unseres Abfalls bleiben ca. 20% Reststoffe übrig. Da immer weniger Raum für die Deponierung dieser Verbrennungsrückstände zur Verfügung steht, muss die Verwertung dieser Materialien einer Deponierung vorgezogen werden.

«Dies schont wertvolle Primärressourcen und reduziert die Umweltbelastung.»

Ich bearbeite Projekte in enger Zusammenarbeit mit Behörden und Industrie. Dabei werden oftmals in Laborstudien die Grundlagen geschaffen und die Resultate dann im Grossmassstab umgesetzt. Konkret optimieren wir die Rückgewinnung von Metallen wie Gold, Silber, Kupfer, Blei und Zink aus den Verbrennungsrückständen und bringen sie so zurück in den Stoffkreislauf. Dies schont wertvolle Primärressourcen und reduziert die Umweltbelastung.

Nebst meiner Forschungstätigkeit arbeite ich bei Lehrveranstaltungen im Bereich Umwelt an der Universität mit. Dies umfasst Laborkurse, Vorlesungen und Exkursionen.

Wie verlief der Berufseinstieg?

Meine jetzige Anstellungskonstellation hat sich aus meiner Dissertation heraus ergeben. Während meiner Doktorarbeit am Institut für Geologie der Universität Bern stand ich oft im Austausch mit der Stiftung ZAR. Aufgrund des guten Netzwerks, welches ich während meiner Doktorarbeit in der Abfallbranche aufbauen konnte, hat sich für mich die Möglichkeit ergeben in dieser Branche Fuss zu fassen. Als gelernte Chemielaborantin war ich die ganze Studienzeit hindurch immer Teilzeit berufstätig. Dies hat sicherlich auch dazu beigetragen, dass ich nahtlos von meiner Diss in eine herausfordernde Projektleiterfunktion wechseln konnte.

Welche Tipps geben Sie Studierenden?

Rückblickend wurde mir klar, wie wichtig eine solide Grundbildung ist. Ich habe mich nach meiner Lehre als Chemielaborantin erst spät entschieden, noch den universitären Weg einzuschlagen. Die ganze Studienzeit hinweg konnte ich von meinen Erfahrungen aus der Berufslehre profitieren. Wichtig ist es, eine Ausbildung zu wählen, die Freude bereitet. Ich stelle ein gutes Beispiel dar, was mit den heutigen Möglichkeiten für ein Werdegang möglich ist. Nach meinem Lehrabschluss als Chemielaborantin hätte ich nie gedacht, dass ich heute als Geologin in der Abfallbranche tätig bin.

Erdwissenschaftlerin

Sabrina Metzger untersucht als Arbeitsgruppenleiterin am GeoForschungZentrum (GFZ) in Potsdam bei Berlin, wie Erdbeben an Kontinentalplattenrändern entstehen.

«Mache das, was dir Freude macht, dann machst Du es gut.»

Sabrina Metzger
© Sabrina Metzger
Sabrina Metzger

© Sabrina Metzger

Laufbahn

Alter/JahrTätigkeit/Ausbildung
20Master in Interdisziplinäre Naturwissenschaften, chemisch-physikalische Richtung: ETH Zürich
25Betreuung eines regionalen seismischen Messnetzwerkes: Schweizer Erdbebendienst, Zürich
26Wissenschaftliche Mitarbeiterin Forschung & Entwicklung: Spectraseis Technologie AG, Zürich
27Doktorat: Institut für Geophysik, ETH Zürich.Ausgedehnte Forschungsaufenthalte und Feldarbeiten in Island, Saudi Arabien und Frankreich
32Wissenschaftliche Mitarbeiterin (PostDoc): GeoForschungZentrum (GFZ), Potsdam. Leitung eines Forschungsprojektes in Zentralasien. Tätigkeiten in der Lehre: Universität Potsdam
43Leiterin der Arbeitsgruppe «Tektonische Geodäsie»: GFZ Potsdam. Privatdozentin: Universität Potsdam
Wie sieht Ihre aktuelle Tätigkeit aus?

Ich beobachte mit Satellitendaten, wie sich tektonische Spannungen in der Erdkruste aufbauen und Erdbeben auslösen, Vulkane «atmen», Trinkwasserschichten leergepumpt werden und Berghänge ins Rutschen kommen. Als Gruppenleiterin betreue ich Forscherinnen und Forscher bei ihren Projekten in Zentralasien, Nordchile und der östlichen Mittelmeerregion.

Wegen meiner zwei schulpflichtigen Kinder arbeite ich zurzeit nur am Computer. Ich vermisse jedoch die Messexperimente in den jeweiligen Ländern.

Zweimal im Jahr besuche ich internationale Konferenzen. Als Privatdozentin halte ich ausserdem Vorlesungen an der Uni. Einen Tag pro Woche arbeite ich im Homeoffice, ich bevorzuge aber den Austausch und die Inspiration im Büro.

«Ich beobachte mit Satellitendaten, wie sich tektonische Spannungen in der Erdkruste aufbauen und Erdbeben auslösen.»

Wie verlief Ihr Berufseinstieg?

Der erste Berufseinstieg war einfach, da ich per «Buschtelefon» eine Stelle in einem kleinen Zürcher Spin-Off-Unternehmen erhielt. Die Neugier trieb mich aber an die ETH zurück und ich schrieb meine Doktorarbeit über das Erdbebenpotential der nordisländischen Plattengrenze.

Da ich weiter als Forscherin arbeiten wollte, sollte ein Umzug ins Ausland mein professionelles Netzwerk und Fachwissen erweitern. Meine Kenntnisse in Satellitengeodäsie bilden ein Alleinstellungsmerkmal in der deutschen tektonischen Forschungsszene. Deshalb erhielt ich eine PostDoc-Stelle am GFZ. Mit 43 Jahren wurde ich Arbeitsgruppenleiterin und erhielt meinen ersten(!) unbefristeten Arbeitsvertrag.

Welche Tipps geben Sie Studierenden?

Mein Motto ist: Mache das, was dir Freude macht, dann machst Du es gut. Ich empfehle allen, Homeoffice nur zum Abarbeiten zu nutzen. Der Austausch und die Inspiration vor Ort sind unbezahlbar, um sich persönlich weiterzuentwickeln.

Wer eine feste Forschungsstelle anstrebt, sollte nach der Doktorarbeit ein komplett neues Projekt mit neuen Methoden anpacken, um mehr Erfahrungen zu sammeln. Für Professuren sind nebst guter Forschung auch Qualifikationen in Management, Kommunikation und Lehre gefragt.

Für Frauen, die ein Leben mit Karriere und Kindern planen, empfehle ich, nach passenden Vorbildern zu suchen und ein professionelles Netzwerk zu formen, das einen stärkt. Es lohnt sich, in Partnerschaften früh nachzuhaken und sicherzustellen, dass die andere Person bereit ist, einen signifikanten Teil der Familienpflichten zu übernehmen!



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